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Die Verbraucherzentrale informiert: Energiekosten auf Rekordniveau

Berkatal, den 12. 11. 2021

Pressemitteilung vom 12. November 2021

 

Energiekosten auf Rekordniveau

Verbraucherzentrale Hessen diskutiert aktuelle Preisentwicklungen und Handlungsoptionen für Verbraucher

 

Beim dritten verbraucherpolitischen Frühstück der Verbraucherzentrale Hessen diskutierte Vorstand Philipp Wendt heute mit Eva-Maria Winckelmann, Deutscher Mieterbund, Landesverband Hessen, und Horst Meierhofer, Geschäftsführer Landesverband Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz, darüber, was die aktuellen Preisentwicklungen auf dem Strom- und Gasmarkt für private Endverbraucher bedeuten und wie sich gegensteuern lässt.

 

Private Endverbraucher und Mieter in Deutschland leiden unter den höchsten Strompreisen in Europa, den aktuellen Preissprüngen auf dem Öl- und Gasmarkt und der vollen CO2-Preis-Umlage für Heizung und Warmwasser. Viele Energieversorger haben bereits Preiserhöhungen durchgeführt oder diese angekündigt. Bereits seit einigen Wochen fallen vor allem so genannte Discount-Energielieferanten auf, die versuchen, ihre finanzielle Schieflage auf Kosten der Verbraucher auszugleichen.

Zum Teil wurde kurzfristig die Belieferung eingestellt oder Verträge wurden – trotz fester Laufzeiten und Preisgarantien – aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt. Einzelne Versorger haben gar Insolvenz angemeldet. Viele Anbieter nehmen in der jetzigen Situation keine Neukunden mehr auf. Die Lage wird für Verbraucher immer unübersichtlicher.

 

Staatliche Fehlanreize korrigieren

Als ein Hauptgrund für die aktuell steigenden Gaspreise wird zumeist die weltweit gestiegene Energienachfrage infolge des Konjunkturaufschwungs nach der Corona-Krise ins Feld geführt. „Aus Verbrauchersicht sind für die hohen Energiepreise aber vor allem auch staatliche und regulative Fehlanreize verantwortlich“, so Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen.

Dazu gehören: die hohen Nebenkosten des Strompreises (der Strompreis besteht zu über 50 Prozent aus staatlich veranlassten Steuern, Abgaben und Umlagen), die einseitige Belastung der Mieter beim CO2-Preis und die fehlende Entlastung für Haushalte mit niedrigem Einkommen. Zudem ist die Mehrzahl der Öl- und Gasheizungen veraltet und der Anteil der erneuerbaren Energien ist mit 15 Prozent im Wärmesektor zu niedrig.

„Neben einer Korrektur dieser Fehlanreize ist mittelfristig ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und mehr Energieeffizienz im Gebäudesektor die beste Strategie, um sich vor den stark schwankenden Preisen importierter, fossiler Energieträger zu schützen und eine größtmögliche Versorgungssicherheit der deutschen Verbraucher zu gewährleisten. Die hohe Preisvolatilität am Gasmarkt macht dies gerade sehr deutlich. Die sich jetzt formierende neue Bundesregierung muss jetzt die Weichen für dringend benötigte Reformen und eine faire Kostenverteilung stellen“, fordert Wendt.

Gute Vorschläge vorhanden

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat - teilweise in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Mieterbund - konkrete Vorschläge vorgelegt, wie sich unter anderem die folgenden Ziele erreichen lassen:

  • Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern

Der aktuelle Preisanstieg führt eindrucksvoll vor Augen, wie abhängig die Gesellschaft immer noch von den alten Energien ist. Grüne Energie ist auf Dauer günstiger und international wettbewerbsfähiger. Ein zügiges Umsteuern ist also nicht nur unter Klimaschutzgesichtspunkten sinnvoll.

  • Strompreis reduzieren

Die Strompreise in Deutschland haben sich in den letzten 20 Jahren für die privaten Haushalte mehr als verdoppelt und sind heute mit über 30 Cent pro Kilowattstunde die höchsten in Europa. 31,80 Cent je Kilowattstunde müssen Verbraucher hierzulande aufbringen – im internationalen Durchschnitt sind es 11,62 Cent (Quelle: FAZ vom 2.11.2021). Die nächste Bundesregierung muss kurzfristig eine verbraucherfreundliche Strompreisreform durchführen.

  • Strom- und Gassperren verhindern

Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Energiesperren sind für die Betroffenen verheerend. Sie dürfen stets nur das letzte Mittel bei Zahlungsrückständen sein. Sollten die Preise für private Verbraucher in den kommenden Monaten ähnlich stark steigen, wie dies aktuell bei den Großhandelspreisen zu beobachten ist, sollte die Bundesregierung Strom- und Gassperren für private Haushalte mit geringem Einkommen so lange aussetzen, bis sich die Preise wieder normalisiert haben. Eine ähnliche Regelung gab es auch schon 2020 als Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.

  • Keine unnötigen Schranken beim Wechsel des Energieversorgers

Es ist Aufgabe der Energieversorger, auf ihren Webseiten und in ihren AGBs die Informationen zum Lieferantenwechsel-Service transparent und verbindlich aufzuführen. Dies geschieht jedoch nicht immer, weshalb in vielen Fällen finanzielle Nachteile für die Verbraucher durch nicht korrekt vollzogene Anbieterwechsel entstehen.

  • Besserer Schutz bei Vergleichsportalen

Für Verbraucher schwer nachvollziehbar ist es, dass zweifelhafte Energielieferanten oft wochenlang ganz oben in den Rankinglisten renommierter Vergleichsportale stehen. Hier fordert die Verbraucherzentrale Hessen schon lange einen besseren Verbraucherschutz. Dieser könnte etwa dadurch herbeigeführt werden, dass die Portale beim Ranking stärker berücksichtigen müssten, ob die Lieferanten nur kurzfristig oder dauerhaft günstige Preise anbieten, wie lange sie seriös am Markt sind und welche Beschwerden in Internetforen veröffentlicht sind. Verbesserungen verspricht auch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, nach der Verbrauchern künftig mindestens ein kostenfreies unabhängiges Preisportal für Energietarife zur Verfügung gestellt werden muss. Sichergestellt werden soll dies durch die Bundesnetzagentur, die diesbezüglich die Vergabe eines Vertrauenssiegels favorisiert. 

 

 

  • Bundesnetzagentur in der Pflicht

Die Bundesnetzagentur als zuständige Aufsichtsbehörde muss den offensichtlichen Regelverstößen der Unternehmen, die in den letzten Tagen und Wochen durch unzulässige und unverhältnismäßige Abschlags- und Preiserhöhungen und Lieferstopps aufgefallen sind, einen Riegel vorschieben und sie auf ihre Marktfähigkeit hin überprüfen.

  • CO2-Preis klima- und mieterfreundlich gestalten

Die Umlage der CO2-Bepreisung auf die Mieter muss aufgrund der fehlenden Lenkungswirkung umgehend abgeschafft oder zumindest deutlich gesenkt werden. Die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung im Gebäudesektor dürfen nicht in den allgemeinen Haushalt fließen, sondern müssen vollständig an die Verbraucherinnen zurückgegeben werden.

 

Hintergrundinformationen:

Positionspapier von Verbraucherzentrale Bundesverband und Deutscher Mieterbund,

Oktober 2021

 

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